Hinter den Kulissen: altraverse-Schreibtische

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Der Schreibtisch von Jo

Was machst du bei altraverse?
Offiziell ist meine Berufsbezeichnung Geschäftsführer, ich nenne es aber gerne auch „Mädchen für alles“. Ich kümmere mich um die finanzielle Planung, die längerfristige strategische Ausrichtung und den Kontakt zu unseren Lizenzpartnern. Wenn die Kapazitäten knapp sind, fahre ich aber auch mal einen Bus zur Messe und helfe vor Ort beim Aufbau.

Dein schönstes Messeerlebnis?
Ich habe zwei schönste Messererlebnisse. Eines war das Q&A-Panel mit Akihito Tsukushi, das andere die Begegnung mit einer jungen Frau, die mich auf der Connichi angesprochen hat und mir erzählte, dass ich sie vor drei Jahren dazu ermutigt habe, ihre Ausbildung zur Medienkauffrau anzugehen, die sie nun abgeschlossen habe. Das hat mich sehr glücklich gemacht.

Was waren die ersten Manga, die du gelesen hast, und wie kamst du dazu?
Mein erster Manga war Barfuß durch Hiroshima. Den habe ich während des Studiums gelesen, weil ich damals ein Referat über die Darstellung von Krieg in Comics im Rahmen eines medienwissenschaftlichen Seminars gehalten habe.

Was hat dich dazu bewogen, überhaupt in der Manga-Szene zu arbeiten?
Ich dachte im Alter von 28 Jahren, ich wüsste fast alles über Comics und musste dann feststellen, wie einseitig mein Blick auf das Medium durch die amerikanischen und europäischen Comics geprägt war. Diese Erkenntnis hat mich sehr geprägt und neugierig gemacht. Ein zweiter Faktor ist die tolle Community, die weltweit hinter Manga und Anime steht, für die ich sehr gerne arbeite.

Gibt es alte Manga z.B. aus den 80ern, welche du gerne mal auf Deutsch lesen würdest?
Die meisten Lücken habe ich da inzwischen durch amerikanische oder französische Ausgaben geschlossen. Nur Phoenix von Osamu Tezuka muss ich irgendwann endlich mal nachholen.

Dein Lieblingsmanga aus Japan, der noch nicht auf Deutsch veröffentlicht wurde?
Karakai Jouzu no (Moto) Takagi-san

Dein erster Ausbildungsberuf ggf. zweiter? Was hast du vorher beruflich gemacht?
Studium der Kulturwissenschaften, danach wiss. Angestellter an einer Universität und einige Jahre Freelancer als Redakteur, Übersetzer und Ausstellungsmacher.

Wenn ihr nach Japan beruflich reist, gehen da alle mit?
Nicht immer alle.

Wie verbringst du am liebsten die Mittagspause?
Mit Menschen und netten Gesprächen.

Was war der bisher coolste/tollste Urlaub, den du je gemacht habt?
10 Tage in der Schweiz mit der großen Liebe meines Lebens.

Was ist deine liebste Eissorte?
Erdbeer oder Braunbär.

Von welchem Mangaka würdest du sagen, dass ihm/ihr deutsche Fans leider zu wenig Beachtung schenken?
Hui, eine schwere Frage. Vielleicht Taamo, die die zauberhaftesten Geschichten für junge Mädchen erzählt und dafür zu wenig Beachtung findet, aber auch Yae Utsumi, die mit Bis Deine Knochen verrotten für mich einen großartigen Thriller kreiert hat.

Die beste japanische Süßigkeit deiner Wahl?
In Japan esse ich am liebsten Baumkuchen.

Wenn du ein Sentai/Power Ranger wärst, welche Farbe hättest du?
Der Orange Ranger kam zwar nur in einem Traum von Boom vor, aber ich liebe einfach orange.

Bestes Harry Potter-Buch?
Band 1, weil er mich damals wirklich überrascht hat. Ich habe aber auch nur die ersten vier gelesen.

Dein Lieblingstitel von altraverse?
Eislicht.

Gibt es eine Frage, die dir noch nie gestellt wurde, die du aber gerne beantworten würdest?
Ich wurde noch nie gefragt, ob ich gerne zu einem Konzert gehen würde, auf dem Rosenstolz, die Kelly Family, Rammstein, Army of Lovers und Konstantin Wecker miteinander musizieren. Die Antwort lautet: Ja!

Jo-kleinWonach entscheidet altraverse, welche Manga lizenziert werden?
Wir wollen nur Bücher verlegen, die wir selbst gut finden, d.h. wir würden keinen Titel nur aus strategischen Gründen ins Programm nehmen.

Wie ist so die allgemeine Tendenz bzgl. des Themas Light Novel bei altraverse?
Positiv, aber wir müssen auch sicherstellen, dass wir sie ordentlich produzieren können. Das ist eine Frage von Geld und Zeit, da der Aufwand bei Light Novels um vieles höher ist.

Wären 2in1-Bände in Deutschland, so wie der französische Light Novel Publisher Ofelbe es bei einigen Titeln macht, gegeben falls eine gute Idee?
Die Bände müssten dann sehr, sehr teuer werden, daher im ersten Schritt eher nicht.

In welchem Regal wäre deiner Meinung nach eine Light Novel im besten Fall aufgehoben im Buchhandel? (Manga, Jugendbuch, Genre (Fantasy, Sci-Fi usw.))
Eigentlich genau zwischen Manga und Genre-Literatur. So verkauft man sie auch in Japan erfolgreich.

Was ist altraverse beim Lizenzieren eines Titels wichtiger: Die Nachfrage in Deutschland, oder die Beliebtheit in Japan?
Weder noch. Die Beliebtheit in Japan sagt über den Erfolg in Deutschland leider überhaupt nichts aus, die Nachfrage in Deutschland kann man leider vorab nicht messen.

Bist du bisher mit den altraverse-Verkäufen zufrieden? Und welche Serie verkauft sich bisher am besten?
Ja, sehr sogar. Wir liegen bislang deutlich über unseren Planzahlen. Aber Luft nach oben gibt es natürlich immer.
Die erfolgreichsten Reihen sind bislang: In these words, Goblin Slayer, Meine Wiedergeburt als Schleim in einer anderen Welt, Keine Cheats für die Liebe und Made in Abyss.

Wenn altraverse die Lizenz eines Mangas haben könnte, egal welchen, welcher wäre das? 
Darüber sprechen wir nur intern.

Bevorzugt altraverse es, Serien zu lizenzieren, die in Japan bereits abgeschlossen oder kurz davor sind, um sie hier fest alle 2-3 Monate herausbringen zu können oder wären auch aktuelle Serien eine Option, auch wenn das bedeutet, nur einen Band pro Jahr bringen zu können?
Das macht für uns keinen Unterschied.

Ist altraverse eigentlich an weiteren Artbook -Publikationen interessiert?
Ein klares Ja.

 

Wieviel Gewinn bleibt eigentlich pro Band beim Verlag hängen?
Ha ha ha, nächste Frage.
Nein, im Ernst: Das lässt sich so pauschal nicht sagen – und leider macht man nicht einmal mit jedem Manga Gewinn, man kann durchaus auch Geld verlieren mit einem Buch. Es hängt in jedem einzelnen Fall davon ab, ob man das richtige Gefühl dafür hat, was ein Titel verkaufen kann und wieviel man dementsprechend vernünftigerweise in ihn investieren kann.

Wie beginnt eigentlich so eine Mangaka-Kariere?
Mit Zeichnen.

Wann kommt altraverse ins Comicforum?
Das kommt darauf an, wann es uns gelingt, einen vernünftigen Preis mit dem Betreiber des Forums auszuhandeln.

Warum einen Verlag für Manga in Deutschland gründen, es gibt doch schon viele mit breitem Programm?
Weil wir der Meinung waren, dass es nicht genügend Verlage und auch nicht genügend Breite gibt. Im Vergleich zu den USA oder Frankreich hinkt der deutsche Markt noch immer sehr stark hinterher.