Interview mit Fujita

Anlässlich der Veröffentlichung des ersten Bandes im April 2018 hat die Redaktion ein Interview mit Mangaka Fujita geführt. Fujita erzählt uns alles zur Entstehung von Keine Cheats für die Liebe und verrät auch schon ein wenig darüber, wie die Geschichte weitergehen wird.

Bitte erzählen Sie uns doch zunächst einmal etwas zum Entstehungsprozess von Keine Cheats für die Liebe.
Wie ich bereits im Nachwort von Keine Cheats geschrieben habe, unterhielt ich mich mit einer Freundin, die ebenfalls Nerd ist, über Dinge, die typisch für Nerds sind. Wir dachten uns eine männliche und eine weibliche Figur aus und fantasierten gemeinsam darüber, wie sich wohl eine Romanze zwischen den beiden abspielen würde. Das war der erste Schritt für die Entstehung der Serie.
Ich zeichne lieber männliche Charaktere als weibliche, also erschuf ich Hirotaka. Und meine Freundin zeichnete ein Mädchen. Während wir so vor uns hin fantasierten, wurde ich auf einmal richtig enthusiastisch und fragte meine Freundin, ob ich aus unseren Ideen einen Manga machen dürfe, und so begann alles.

Und aus der Figur, die ihre Freundin erschaffen hatte, wurde Narumi?
Genau. Sie zeichnete ein Mädchen, das mir als Vorlage für Narumi diente. Ich habe zwar dann den Namen geändert, aber das Erscheinungsbild habe ich fast originalgetreu übernommen. Ich selbst zeichne fast nie weibliche Charaktere, doch da Narumi nicht aus meiner Feder stammte, fand ich sie süß und konnte sie anschließend auch selbst zeichnen. Die Gespräche mit meiner Freundin spielten also eine erhebliche Rolle bei der Entstehung der Serie.

Fantasieren Sie öfter gemeinsam mit Ihrer Freundin?
Ja, das tue ich. Da wir beide an einer Fachschule Mangazeichnen studiert haben, entwerfen wir öfter spaßeshalber Plots zusammen, die wir interessant finden. (lach) Als wir uns die beiden Nerds vorstellten, dachte ich, dass ich diese Idee zum einen gern selbst zeichnen würde, hatte zum anderen aber auch das Gefühl, dass sie auch bei anderen gut ankommen könnte. Also änderte ich die Charakterentwürfe so ab, dass sie für mich leichter zu zeichnen waren, und plante eine kurze Geschichte, die ich mit einem lockeren Gag beenden wollte. Das war die Originalstory (Kapitel 1). Ich habe sämtliche Elemente, die sie zu ernst werden lassen würden, so weit wie möglich reduziert. Damit habe ich mir allerdings selbst ein Bein gestellt, denn jetzt habe ich damit zu kämpfen, dass die gesamte Story nur aus Gags besteht. (lach)

Warum haben Sie eine Büroangestellte Mitte Zwanzig als Protagonistin gewählt?
Ich dachte, dass ich so am authentischsten die Erfahrungen von Nerds widergeben könnte, da ich selbst ungefähr im selben Alter bin wie Narumi. Es gibt Geschichten, die man erzählen kann, weil man selbst noch ein Schüler ist, aber genauso gibt es Geschichten, die man erzählen kann, weil man eben nicht mehr so jung ist. Ich hoffe, dass ich diesen Aspekt noch weiter herausarbeiten kann.

Haben Sie denn in der Vergangenheit auch Manga über Schüler gezeichnet?
Im Grunde zählen Liebesgeschichten wie Keine Cheats überhaupt nicht zu meinem Fachgebiet.
An der Fachhochschule habe ich deshalb auch nie Romanzen gezeichnet, sondern habe mich auf Shonen-Manga über Jungen konzentriert, die in irgendwelche Fälle verwickelt werden oder sich mit ihren Fähigkeiten Battles liefern. Beim Zeichnen eines Shonen-Manga hat mir mein verantwortlicher Redakteur auch mal gesagt, ich solle die Heldin doch ein wenig süßer machen, woraufhin ich noch mal neu beginnen musste.
Ich habe wirklich einen Komplex in Bezug auf weibliche Charaktere. Deshalb sieht Narumis Gesicht am Ende des Mangas auch ein wenig anders aus als am Anfang. (lach)
In Kapitel 1 wirkt sie noch wie eine recht normale Angestellte. Am Ende des Bandes sind ihre Augen riesig groß und ihr Körper ist dafür ziemlich geschrumpft. Ich wäre euch dankbar, wenn ihr das einfach so interpretieren könntet, dass sie sich als Protagonistin weiterentwickelt hat.

Sie sagen, Romanzen seien nicht Ihr Fachgebiet. Haben Sie denn nie Shojo-Manga gelesen?
Nein, überhaupt nicht.
Ich habe mal ein wenig in die Hana yori dango-Bände meiner großen Schwester reingelesen, aber ich selbst bin ausschließlich mit Jump-Serien großgeworden. Ich dachte: »In Shojo-Manga wird doch gar nicht gekämpft.« Deshalb waren sie für mich völlig uninteressant. (lach) Außerdem habe ich mich schon beim Lesen immer geniert …
Meine Freunde aus Studienzeiten sagen auch immer zu mir: »Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet du mal mit einer Liebesgeschichte dein Debüt gibst, obwohl du partout keine weiblichen Charaktere zeichnen kannst.«

Aber vielleicht ja auch gerade deshalb. Verglichen mit anderen Shojo-Manga sind die Liebesszenen in Keine Cheats zudem sehr dezent.
Ich kann ja auch gar keine zeichnen. (lach) Dabei würde ich wirklich gern so eine für Shojo-Manga typische Liebesszene mit Funkel und Glitzer und allem Drum und Dran zeichnen. Bei den Extraseiten für diesen Band wusste ich auch nicht, welche Rasterfolie ich im Hintergrund einsetzen sollte, als es ein wenig romantisch wurde. 

Hirotakas und Narumis Beziehung wirkt manchmal beinahe ein wenig feindselig, andererseits hat man schon den Eindruck, dass sie voreinander völlig sie selbst sein können.
Ich habe mich gefragt, wie eine Beziehung zwischen zwei Menschen wohl aussehen würde, die eigentlich gar nicht vorhatten, sich ineinander zu verlieben. Meine Freundin und ich stellten uns zwei Charaktere vor, die im Grunde wie beste Freunde sind, darüber hinaus aber auch ein Paar - weil wir das süß fanden. So entstanden Narumi und Hirotaka. Allerdings versuche ich schon öfter, anzudeuten, dass Hirotaka in Narumi verliebt ist. Ich hoffe, das wird deutlich, auch wenn man es vielleicht nicht mit Sicherheit sagen kann.
Ich finde es nämlich süß, wenn ein Mann, der sonst nie Gefühle zeigt und immer ein völlig ausdrucksloses Gesicht macht, ab und zu mal einen Moment erlebt, in dem ihm bewusst wird, dass er das Mädchen vor seiner Nase liebt. Für mich ist die Heldin der Geschichte also eigentlich nicht Narumi sondern Hirotaka. (lach)

Auf der anderen Seite hat Narumi aber durchaus auch Augen für Hirotaka.
Sie kennen sich eben schon sehr lange. Zwar hatte Narumi in der Vergangenheit schon viele Freunde, aber Hirotaka war immer der Junge, der ihr als bester Freund am Nächsten stand. Mit Partnern kommt man zusammen, trennt sich irgendwann wieder und damit ist alles vorbei. Das ist bei Hirotaka anders. Er war immer an Narumis Seite, sie kann sich in seiner Gegenwart besser fallen lassen als bei jedem Mann, mit dem sie je eine Beziehung hatte. Er ist für sie einfach ein Freund, den sie unheimlich schätzt. In gewisser Weise ist er die Person, der sie am meisten vertraut. Damit nimmt er in Narumis Herz einen sehr hohen Stellenwert ein, allerdings nicht als Exemplar des anderen Geschlechts. Hirotaka selbst weiß nicht so recht, ob er sich darüber freuen soll, denn für ihn ist das natürlich schon ein wenig frustrierend.

Aber man kann schon sagen, dass Hirotaka definitiv ganz anders ist als Narumis Ex-Freunde.
Stimmt. Insbesondere, weil er ihr mehr bedeutet als ein fester Freund. Ich hoffe, es wird deutlich, dass Hirotaka deshalb so wichtig für Narumi ist, weil sie ihre Nerd-Seite vor ihren Ex-Freunden immer verheimlicht hat. Vor ihm braucht sie sich nicht zu verstellen. Ich denke, für einige Menschen stellt das vermutlich sogar das Ideal dar.
Aber wenn alles nur Friede, Freude, Eierkuchen wäre, käme natürlich keine Geschichte zustande (lach), deshalb müssen ab und zu auch Konflikte oder Unstimmigkeiten her … Es wird also mehr in diese Richtung weitergehen.

Also werden bei den beiden hin und wieder schwarze Wolken am Horizont aufziehen …?
Wer weiß? (lach) Auch wenn ich nicht vorhabe, allzu schwere Geschütze aufzufahren. Aber wenn Narumi und Hirotaka fortan nur noch verliebt auf Wolke sieben schweben würden, würde ich mich fragen, was das Ganze überhaupt soll. (lach)
Ich bin jemand, der immer irgendeine Pointe erwartet. »Da fehlt doch noch ein Gag«, so in der Art. Also wird die Geschichte sicher auch in Zukunft nicht allzu ernst werden.

Aber vermutlich sind es ja gerade die Gags, die ihren Manga zu einem so kurzweiligen Lesevergnügen für Zwischendurch machen und durch die er sich von typischen Shojo-Romanzen unterscheidet. Man kann sich sogar vorstellen, dass sich der Nerd-Alltag in der Realität tatsächlich so abspielen könnte.
Ehrlich gesagt glaube ich, dass ein Alltagsleben wie das der Protagonisten in der Realität ziemlich unangebracht wäre. (lach)#

Ich habe gehört, dass Sie vor Ihrem Debüt als Mangaka auch in anderen Berufen Erfahrung gesammelt haben. Gab es unter Ihren Kollegen auch Nerds?
Seltsamerweise war tatsächlich immer einer dabei. Und mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit fliegt man irgendwann als Nerd auf. Bei Vorstellungsgesprächen für Nebenjobs wird doch zum Beispiel gern nach früheren Arbeitgebern gefragt oder auf welche Uni man geht. Wenn ich bei so einem Gespräch gefragt wurde, was denn eine Fachhochschule für Design sei, und daraufhin »eine Schule für angehende Mangaka« sagte, wurde der Besitzer des Geschäfts, in dem ich mich bewarb, meist neugierig und bohrte nach. Und vermutlich erzählte er im Anschluss auch den anderen Angestellten davon, dass ich Manga zeichne.

Da ist es natürlich unvermeidlich, als Nerd aufzufliegen.
Ja, deshalb habe ich auch nie wirklich versucht, es zu verstecken. Von mir aus sage ich allerdings höchstens, dass ich gerne zeichne, ohne weiter ins Detail zu gehen. Wenn der Gesprächspartner allerdings auch Nerd ist, kommt es durchaus vor, dass man irgendwie Verdacht schöpft und sich vorsichtig Frage für Frage weiter vortastet. Wenn man zum Beispiel nach dem Lieblingsmanga des Gegenübers fragt und One Piece als Antwort erhält, geht man erst mal davon aus, dass man mit einem Normalo spricht. Aber man kann ja zur Sicherheit auch noch nach dem Lieblingschara fragen und wenn dann nach kurzem Zögern Don Quichotte de Flamingo kommt, weiß man sofort: Volltreffer! (lach)
Hauptcharaktere wie Zorro oder Sanji kann man unbedenklich nennen, selbst wenn man sie vielleicht als Boys-Love-Pairing shippt, denn die finden ja viele einfach nur so cool. Aber ein Bösewicht wie de Flamingo, der nur eine Nebenfigur ist, verrät einen mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit als Nerd. (lach)
Dieses gegenseitige Auf-den-Zahn-Fühlen passiert grundsätzlich. Meist wartet man dann trotzdem noch ein halbes Jahr oder so, bis man sich richtig angefreundet hat, bevor man die Katze aus dem Sack lässt. So nach dem Motto: »Eigentlich war ich mir ja schon bei unserem ersten Gespräch ziemlich sicher, dass du auch ein Nerd bist.« Man merkt es eben einfach. Nerds können ihre Artgenossen vermutlich regelrecht erschnuppern.

Im Manga gibt Narumi sich ja recht schnell als Nerd zu erkennen.
Stimmt. Vor Männern sind Frauen ja immer sehr darauf bedacht, sich keine Blöße zu geben, aber wenn man am eigenen Arbeitsplatz eine Kollegin findet, die ebenfalls ein Nerd ist, überwiegt eben der Wunsch nach einer Freundin. Man wird lockerer und geht aufeinander zu. Hanako beginnt ja auch ziemlich schnell damit, Narumi »Naru« zu nennen, wodurch die Distanz zwischen den beiden noch schneller schwindet. (lach)

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Sie kuschelt sogar mehr mit Narumi als Hirotaka.
Ich glaube, Hanako sucht einfach generell viel Körperkontakt zu ihren Freundinnen. Normalerweise ist sie ja der coole Typ und macht das definitiv nicht bei jedem, aber sie hat Narumi einfach gern. Momentan sind Narumi und sie ja noch die einzigen weiblichen Figuren in der Serie. Wenn später noch andere Charaktere hinzukommen sollten, werde ich in diesem Punkt sicher auch Unterschiede machen. So langsam muss ich auch einen Nicht-Nerd einbauen, sonst fragen sich die Leser noch, ob das gesamte Universum von Keine Cheats nur aus Nerds besteht. (lach)

Hanako und Kabakura haben in Kapitel 2 ihren ersten Auftritt. Wie sind die beiden entstanden?
Ich brauchte zusätzliche Figuren, die die beiden ursprünglichen Protagonisten mit objektiven Augen sehen können. Ich wollte Hirotaka nicht nur als den alten Freund aus Kindertagen darstellen, der er für Narumi ist, sondern auch zeigen, wie er auf Außenstehende wirkt. Als ich mich dazu entschloss, die Geschichte fortzusetzen, habe ich also die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen, weitere Charaktere einzuführen. Mit seinen kleinen Pupillen etc. ist Kabakuras Gesicht für mich leicht zu zeichnen. (lach) Je grimmiger eine Figur guckt, umso leichter geht sie mir von der Hand, deshalb muss ich bei Hirotaka auch immer aufpassen, dass ich ihm nicht aus Versehen nach oben auslaufende Mandelaugen verpasse. Er hat ja eigentlich Augen, die leicht schräg nach unten auslaufen, aber diese Art Augen liegt mir eigentlich nicht besonders. Darum zieht Hanako auch manchmal solche fiesen Grimassen. (lach)

Hanako und Kabakura sind auch ein Paar, oder?
Ja, das hatte ich von Anfang an so geplant. Da die beiden Protagonisten ein Paar sind, nahm ich an, dass die Leser automatisch davon ausgehen würden, dass Hanako und Kabakura auch irgendwann zusammenkommen. Immerhin sind sie ebenfalls Mann und Frau. Deshalb wollte ich für eine Überraschung sorgen, indem die beiden bereits von Anfang an ein Paar sind. Ich habe die ganze Zeit überlegt, wie ich die Erwartungen der Leser am besten brechen kann. (lach)

Sie möchten die Erwartungen der Leser also noch übertreffen?
Ja, darauf lege ich es beim Zeichnen an. Wenn man etwas auf pixiv hochlädt, bekommt man ja sofort Reaktionen darauf, die für mich sehr aufschlussreich sind. Durch die Kommentare weiß ich, wie bestimmte Dinge von den Lesern interpretiert werden. Dass die Kommentare nicht nur für mich, sondern auch für alle anderen sichtbar sind, macht die Plattform zu einem sehr eigentümlichen Ort. Tags haben ebenfalls einen ziemlich großen Einfluss. Wenn ein User einen Tag zu meinem Post hinzufügt, reagieren andere User darauf mit weiteren, ähnlichen Tags …
Falls man etwas beim ersten Lesen nicht mitbekommen hat, kann es also passieren, dass man durch die Kommentare und Tags anderer User darauf aufmerksam wird. Das konnte ich zum Beispiel bei Hanakos und Kabakuras Pärchen-Halsketten beobachten. Da die zwei Streithähne offenbar viele Fans haben und sich in den Kommentaren und Tags viele Leser fragten, was es wohl mit den Halsketten der beiden auf sich hätte, habe ich kurzerhand einen entsprechenden Kurzmanga dazu auf Twitter hochgeladen (zu finden in Band 1, Seite 89).
Es kommt also durchaus vor, dass ich auf die Reaktionen der Leser reagiere und entsprechende Episoden ergänze. Ich bin wirklich dankbar für das unmittelbare Feedback meiner Leser, da ich vieles davon bei folgenden Updates direkt umsetzen kann. Man lernt wirklich einiges dabei. Ich habe das Gefühl, dass ich in gewisser Hinsicht von den pixiv-Usern ausgebildet wurde.

Wie lange sind Sie eigentlich schon bei pixiv?
Ich habe mich registriert, als ich noch in der Mittelstufe war. Damals wollte ich eigentlich nur die Bilder anderer User anschauen. Erst als ich auf der Fachhochschule war, habe ich damit begonnen, eigene Manga und Zeichnungen hochzuladen, weil eine Freundin, die damals bereits aktiv postete, meinte, das sei ganz einfach. Auf pixiv gibt es zum Beispiel sogenannte User Events, bei denen User zu einem gemeinsamen Thema Manga, Zeichnungen oder Charakterentwürfe posten können. Ich ging ganz unbekümmert an das Ganze heran und wollte einfach nur einen Chara für ein solches Event entwerfen. Das war mein erster Post bei pixiv. Es ist interessant zu verfolgen, wie meine Charas und die Figuren der anderen User agieren, was für Gespräche sie führen und so weiter.
Es ist eigentlich ganz ähnlich wie bei der Entstehung von Keine Cheats. Wenn man sich etwas ausdenkt, bekommt man Lust, es zu zeichnen. Anschließend habe ich sowohl Originalzeichnungen gepostet, als auch Fanart zu Serien, die ich gerade gut fand. Das Posten hat einfach Spaß gemacht.

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Sie hatten also Spaß daran, Ihren Fantasien auf diese Weise Gestalt zu geben.
Genau. Erstens ist es sehr leicht, etwas auf pixiv zu posten, und zweitens kann man sehen, wie oft der eigene Post angesehen wurde, was einen zusätzlich motiviert. Wenn etwas, das man selbst erschaffen hat, gebookmarkt wird, ist man einfach wahnsinnig glücklich, selbst wenn es vielleicht nur zehn oder zwanzig User sind. Wenn man Fanart zeichnet, spielt natürlich auch die Popularität der jeweiligen Charaktere eine Rolle. Deshalb ist die Freude bei Originalcharakteren umso größer.

Und nachdem Sie eine Weile nur Bilder gepostet hatten, begannen Sie irgendwann auch damit, Manga hochzuladen, und so entstand dann Keine Cheats?
Ich habe davor auch schon öfter Manga im Rahmen von User Events hochgeladen, aber Keine Cheats ist in der Tat mein erstes Originalwerk.

Wie fielen die Reaktionen aus?
Am Anfang passierte erst einmal gar nichts. Ich hatte vielleicht zehn oder zwanzig Bookmarks. Aber dass überhaupt Leute die Zeichnungen von Originalcharakteren irgendeiner namenlosen Künstlerin interessant fanden, bookmarkten, mir Kommentare schrieben und meinen Posts Tags hinzufügten, hat mich so glücklich gemacht, dass ich Lust bekam, weiterzuzeichnen. Es war einfach ein schönes Gefühl, wenn jemand eine Idee, die ich süß fand, ebenfalls süß fand.
Das gab mir das Selbstbewusstsein, das zu zeichnen, worauf ich Lust hatte. Bis dahin hatte ich immer nur über Shonen-Manga nachgedacht, die von Charakteren mit besonderen Fähigkeiten oder irgendwelchen Kämpfen handelten, und nun traute ich mich an eine Geschichte über Hardcore-Nerds, wie sie überall herumlaufen. Für mich persönlich ist Keine Cheats die Geschichte zweier Nerds aus verschiedenen Fandom-Sparten, die in einem Wettkampf namens Liebe gegeneinander kämpfen. (lach) Ich überlegte mir, wie die Gespräche der beiden verlaufen könnten, und spickte das Ganze mit allerlei sehr spezifischen Anspielungen, und das war das erste Kapitel!

Und weil Sie positives Feedback bekamen, beschlossen Sie weiterzuzeichnen.
Genau.

Was dachten Sie, als Sie das Angebot bekamen, ihren Manga als Taschenbuch zu veröffentlichen?
Ehrlich gesagt hatte ich schon eine ganze Reihe von Anfragen erhalten, bevor ich die E-Mail von Ichijinsha bekam. Ich gebe zu, dass ich unter anderem auch deshalb auf pixiv gepostet habe, weil ich die Hoffnung hatte, als Mangaka entdeckt zu werden. Und dann bekam ich auf einmal so viele E-Mails …
Das hat mich im Gegenteil verunsichert. Statt voreilig dem erstbesten Verlag zuzusagen und womöglich mehr schlecht als recht mein Debüt zu geben, hielt ich es für das Beste, besonnen vorzugehen. Ich habe mir wirklich den Kopf zerbrochen. Als ich mich schließlich mit meinem jetzigen Redakteur traf, lobte er meinen Manga nicht einfach nur in den Himmel, sondern wies mich auch auf Schwachstellen hin. Außerdem hatte ich bei ihm das Gefühl, dass er sich ernsthaft Gedanken darüber machte, wie man Keine Cheats am besten weiterentwickeln könnte, was für mich den Ausschlag gab, meinen Manga bei Ichijinsha zu veröffentlichen.

Es gibt inzwischen ja auch Werbespots bzw. Promo-Videos zu Keine Cheats. Haben Sie sich die Texte der Charaktere selbst ausgedacht?
Die Produktionsfirma schickte mir ein grobes Konzept dessen, was sie sich für das jeweilige Video vorstellten, und auf dieser Grundlage habe ich dann versucht, mir möglichst witzige Dialoge auszudenken, die die Atmosphäre der Serie widerspiegeln. Und das ist am Ende dabei herausgekommen. Meine Texte wurden weitgehend so übernommen, wie ich sie geschrieben hatte. Ich bin wirklich sehr dankbar dafür, dass die Produktionsfirma so tolle Videos daraus gezaubert hat.

Ich nehme an, dass Keine Cheats weiter fortgesetzt werden wird. Wären Sie so nett, zum Schluss noch ein paar Worte an Ihre Leser zu richten?
Ich kann eigentlich nur sagen, dass ich weiterhin mein Bestes geben werde, eure Erwartungen zu enttäuschen, also freut euch schon mal darauf. (lach) Die Geschichte wird ganz sicher nicht so weitergehen, wie ihr euch das vorstellt. Das ist mein grundsätzlicher Standpunkt beim Zeichnen. Ihr dachtet wohl, jetzt kriegt ihr ein verliebtes Pärchen. Ha! Das könnt ihr vergessen! …
Nein, nein, ich übertreibe. (lach) Bei einer Liebesgeschichte gibt es ja per Definition eine Reihe von Elementen, die in jedem Fall enthalten sein müssen, aber ich werde euch definitiv keine Lehrbuch-Romanze vorsetzen. Also hoffe ich, dass ihr mit elterlichem Wohlwollen, oder so wie Kabakura, über die weitere Entwicklung der Charaktere wacht.
Außerdem möchte ich bei dieser Gelegenheit noch etwas loswerden. Ich bekomme ziemlich häufig Kommentare wie »Wenn Nerds alle so attraktiv wären wie in Ihrem Manga, wäre es ja auch kein Problem, sich in einen zu verlieben«. Allerdings - und das ist nicht gelogen - schreiben mir auch wahnsinnig viele Leser Dinge wie »Ich habe das Gefühl, sie kennen mein vergangenes Ich« oder »Soundso erinnert mich total an meinen Ehemann« oder »Ich habe genauso eine Kollegin«. Falls also jemand meint, sich in einen Nerd zu verlieben sei schwierig, liegt es vielleicht einfach nur daran, dass der- oder diejenige es sich selbst schwer macht. Auch wenn es sich nicht um einen Freund aus Kindertagen handelt, sollte man demjenigen vielleicht einfach eine Chance geben. Vielleicht wird ja was draus?
Aber Keine Cheats ist natürlich reine Fiktion und von daher als Ratgeber ungeeignet. Das sollte ich vermutlich mit dazusagen. (lach)
Trotzdem würde ich mich freuen, wenn der eine oder andere Leser nach der Lektüre von Keine Cheats vielleicht auch einen Nerd als Partner in Erwägung zieht. Es mag vielleicht einiges an Überwindung kosten, sich auf einen Nerd einzulassen, aber wenn man einfach mal darüber nachdenkt, was für ein Partner zu einem passen könnte, würde das vielleicht schon einiges erleichtern. Liebe funktioniert nicht immer so wie in Shojo-Manga. Auch Narumi und Hirotaka werden dem Shojo-Ideal nicht gerecht, aber ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn meine Leser auch dieser Art von Beziehung eine Chance geben würden.