Interview mit suu Morishita

suu Morishita, die den deutschen Lesern bereits durch Daily Butterfly und Short Cake Cake bekannt ist, war dieses Mal Ehrengast auf der Manga-Comic-Con 2019 in Leipzig. Hoffentlich hatten die Fans viel Spaß bei der Autogrammstunde und bei dem Q&A auf dem Schwarzen Sofa. Deshalb haben wir suu Morishita (Makiro-sensei und Nachiyan-sensei) und ihren Redakteur Herrn Jibu auf der Manga-Comic-Con interviewt. 

suu Morishita ist ein Künstlerinnen-Duo bestehend aus Makiro und Nachiyan. Während Makiro für die Geschichte verantwortlich ist, arbeitet Nachiyan an den Zeichnungen. Ihr Debüt feierten sie 2010 mit dem Werk Ano Te, Kono Te in der Margaret. Von 2012 bis 2015 lief ihre Serie Daily Butterfly im gleichen Magazin. Short Cake Cake wurde ab November 2015 in der Margaret veröffentlicht.

In Band 5 von Short Cake Cake berichtet suu Morishita von ihren Erlebnissen und Eindrücken während ihres Besuchs in Deutschland in Form von kurzen Comics. Außerdem findet sich dort schon ein Teil dieses Interviews!

Wenn ihr also nicht zur MCC kommen konntet und Band 5 von Short Cake Cake euch vielleicht hierhergebracht hat, solltet ihr nun gespannt lesen!

 

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Die Bilder, die Sie, suu Morishita, zeichnen, haben unter anderem eine großartige und wunderschöne Farbgestaltung und Atmosphäre. Jedoch hat sich der Stil von Daily Butterfly zu Short Cake Cake stark gewandelt. Wie kam es zu diesem Entschluss?
Nachiyan: Als wir Daily Butterfly gezeichnet haben, habe ich mir kaum Gedanken um meinen eigenen Zeichenstil gemacht. Als ich aber später bewusster zeichnete, gab es Sachen, die sich gewandelt haben. Außerdem hatten wir für Daily Butterfly ein lockeres, fluffiges Bild im Kopf, als wir daran zeichneten.

Wie haben Sie sich eigentlich kennengelernt und wie kam der Entschluss, dass Sie zusammen Manga zeichnen wollen?
Makiro: Wir beide gingen in der Oberstufe (10.-12. Klasse) in die gleiche Klasse und haben uns folglich dort kennengelernt. Da hatten wir bereits das Ziel, Mangaka zu werden, jedoch zeichnete jeder für sich allein. Da wir unser jeweiliges Debüt jedoch nicht geschafft haben, mussten wir unseren Traum aufgeben. Wir blieben aber selbst nach unserer Schulzeit noch in Kontakt.
Nachiyan: Um einiges später, als wir beide bereits verheiratet waren, kam in einem Telefonat mit Makiro auf, dass ich zu dem Zeitpunkt Bakuman las. Da kam uns die Idee zu zweit zu arbeiten.

Wie entsteht bei Ihnen ein Manga?
Herr Jibu: Zuerst haben Makiro-sensei und ich, ihr Redakteur, ein Meeting und besprechen die Geschichte. Da wir drei an jeweils verschiedenen Orten leben (Tokyo, Fukuoka, Nagoya), halten wir diese Meetings per Telefon oder LINE (A.d.R. ähnlich wie WhatsApp) ab. Nachdem wir bei den Gesprächen den Verlauf der Story festgelegt haben, entwirft Makiro-sensei das Storyboard. Bei weiteren Meetings wird das Storyboard solange verbessert, bis wir beide damit zufrieden sind. Wenn es soweit ist, wird es dann an Nachiyan-sensei geschickt, die dann Bleistiftskizzen anfertigt. Wenn auch dies redaktionell geprüft wurde, fertigt sie die Reinzeichnungen an, ich nehme sie in Empfang und dann wird es im Magazin veröffentlicht. So in etwa läuft es bei uns.

Haben Sie denn einen gemeinsamen Arbeitsplatz? 
Makiro: Manchmal fahre ich nach Nagoya, und dann übernachten wir beide im Hotel und halten Meetings ab. Jedoch fahre ich sehr selten zu ihr nach Hause.
Nachiyan: Da ich zu Hause kein Arbeitszimmer habe, arbeite ich immer im Wohnzimmer (lol). Daher kann ich auch keine Assistenten zu mir rufen.

Haben Sie also nur online Kontakt zu Ihren Assistenten?
Nachiyan: So ist es. Bei uns läuft alles online.

Was Ihre Arbeitsverteilung angeht, verläuft Ihre Arbeit strikt getrennt, oder helfen und beraten Sie sich auch gegenseitig?
Makiro & Nachiyan:
Eigentlich läuft alles getrennt ab!

Und wenn Sie in einer Sackgasse sind? Beraten Sie sich dann gegenseitig?
Makiro:
Natürlich!
Nachiyan: Ja, besonders von mir kommt dann manchmal ein »Darf ich das so ändern?«. Was jedoch die Zeichnungen anbelangt, musste ich mir bisher noch nicht helfen lassen.
Makiro: Bei Bandcovern, und besonders bei Covern von ersten Bänden diskutieren wir viel herum.
Nachiyan: Oft überlegen wir dann, »ob wir es so machen?«. Bei den Covern zerbrechen wir uns beide die Köpfe.

Wissen Sie schon beim Entwurf der Geschichte, wie sie verlaufen und enden wird? Oder entwickeln Sie erst im Verlauf der Geschichte, wie es weitergeht? 
Makiro: Unter anderem hängt es davon ab, ob die Geschichte als fortlaufende Geschichte veröffentlicht wird, oder es eine abgeschlossene Geschichte werden soll. Da gibt es viele Möglichkeiten. Es geht weniger um ein »Das ist es!«, sondern eher darum, dass ich »dieses Mal die Story anhand einer Szene entwerfe«. Es gibt auch Geschichten, die ich aufbauend auf einem Charakter oder einem Spruch entworfen habe. Ich habe aber auch schon einmal Geschichten mit dem Ende zuerst geschrieben. Eine feste Herangehensweise habe ich aber nicht!

Sie passen sich also den Umständen an.
Makiro:
Genau!

daily-butterfly-01-coverIm Moment arbeiten Sie zwar zusammen, aber haben Sie schon allein Werke veröffentlicht?
Makiro:
Nicht seit unserem Debüt.
Nachyian: Wir haben nur zu unserer Schulzeit jeder für sich gezeichnet.
Makiro: Ja, bevor wir unseren Beitrag an die Margaret eingesendet haben.

Bitte erzählen Sie uns doch von Manga und Mangaka, die für Sie eine Inspiration waren.
Nachiyan:
Da gibt es einige.
Makiro: Eine ganz bestimmte Person gibt es da nicht für mich, aber ich habe Personen bewundert, die zum Beispiel Monologe schreiben konnten, zu denen sonst niemand in der Lage war. Zum Beispiel Setona Mizushiro-sensei. Ich mag es, wenn die Zeichner sich immer wieder selbst herausfordern.
Nachiyan: Ich sehe dies auch so, aber für mich war es Hirohiko Araki-sensei.

Von den Charakteren, die in Daily Butterfly und Short Cake Cake auftauchen, mit wem identifizieren Sie sich am meisten?
Makiro:
In all den Figuren steckt ein bisschen von mir drin.
Nachiyan: Ja, bei dir ist das wirklich so.
Makiro: Wenn ich mich aber als Leser hineinversetzen würde, wäre es wohl Aya.
Nachiyan: Ich glaube, bei mir wäre es auch Aya (lol).

Sie beide würden sich also für Aya entscheiden.
Makiro & Nachiyan:
Genau!
Nachiyan: Die anderen sind viel anders als ich.
Makiro: Genau. Als Leser würde ich mich so sehen.
Nachiyan: Bei Yuri und Aya empfinde ich das meiste Mitgefühl (lol).

Bitte erzählen Sie uns von Ihrer Lieblingsfigur.
Makiro & Nachiyan:
Sie sind alle toll.
Makiro: Weil sie alle wie meine Kinder sind, habe ich alle gleich lieb.
Nachiyan: Das sehe ich auch so.

Der Vorname von Kawasumi, einer der Protagonisten in Daily Butterfly, bleibt ja lange Zeit ein Geheimnis. Gibt es dafür einen speziellen Grund?
Makiro & Nachiyan:
(lol)
Makiro: Naja ... das haben wir ...
Nachiyan: ... aus den Augen verloren, oder (lol)?
Makiro: (lol)
Nachiyan: Ja, wir haben das Timing verpasst, seinen Namen zu verraten.
Makiro: Daily Butterfly war als abgeschlossene Geschichte konzipiert, jedoch haben wir uns beim Schreiben nicht viele Gedanken gemacht (lol). Wir dachten nur, dass Suiren Kawasumi immer beim Nachnamen genannt wird. Da wir mit der Veröffentlichung der Kapitel viel zu tun hatten, hatten wir nicht daran gedacht. Aber mittendrin wurden wir oft gefragt, wie Kawasumi eigentlich mit Vornamen heißt. Da haben wir erst bemerkt, wie selten es ist, dass Protagonisten keine Vornamen haben.
Nachiyan: Weil es schon mittendrin war, dachten wir uns, dass wir es einfach durchziehen (lol).
Makiro: So in etwa war es (lol).
Nachiyan: Ich habe es bis zum Schluss auch nicht gewusst und es mit allen anderen Lesern zusammen erfahren (lol).

Sie haben sicherlich auch viele schüchterne Leser, die damit ihre eigenen Probleme haben. Haben Sie von denen für die sehr schüchterne Suiren aus Daily Butterfly schon Mal Tipps erhalten?
Makiro:
Ich bin selbst auch schüchtern und menschenscheu. Ich glaube, dass ich gerade deshalb einen Charakter wie Suiren erschaffen konnte.
Nachiyan: Ich bin gar nicht schüchtern (lol), deshalb habe ich keine Ahnung (lol).

short-cake-cake-01-coverGlauben Sie, dass ein schüchternes Mädchen sich ändern muss? Oder glauben Sie, dass es so bleiben kann, wie es ist?
Makiro:
Ich denke, dass schüchtern in Ordnung ist!
Nachiyan: Es wird verständnisvolle Leute geben.
Makiro: Ändert euch also bitte nicht.
Nachiyan: Das ist ein Teil eurer Persönlichkeit.

Als ich Short Cake Cake gelesen habe, habe ich plötzlich Heißhunger auf Kuchen bekommen! Im Manga kommen ja auch viele Leckereien vor. Kochen oder backen Sie gerne?
Makiro:
Früher habe ich viel gekocht. Aber seitdem mein Mann das Kochen übernahm, musste ich nicht wieder kochen.
Nachiyan: Ich bin nicht so gut im Kochen. Ich mache es halt, weil es an der Tagesordnung steht, und es eine gute Möglichkeit ist, auf andere Gedanken zu kommen, aber wie gesagt, liegt mir das Kochen nicht sehr. Es ist aber nicht so, dass ich es nicht mag.
Makiro: Ich habe bisher auch kaum so würzige Gerichte gekocht, sondern eher Gerichte, bei denen man den Geschmack der Zutaten erhält, so wie bei vielen deutschen Gerichten. Wie beim Backen im Ofen oder Kochen von Pasta! (lol)
Nachiyan: Das geht mir beim Kochen genauso. Deshalb bestelle ich mir meine Zutaten alle zusammen und lasse sie mir liefern. Wenn ich das nicht machen würde, würde ich wohl immer das gleiche Kochen. Yakisoba oder so (lol).

Also haben Sie schon Mal gekocht, um auf frische Gedanken zu kommen?
Nachiyan:
Ja, das mach ich!
Makiro: Ich mach das nicht mehr.

In Short Cake Cake sieht man Chiaki immer mit einem Buch in der Hand. Sind Sie auch begeisterte Leser? Kommen die Zitate aus den auftauchenden Büchern aus Werken, die sie selbst gelesen haben?
Makiro:
Es sind ja berühmte Zitate, die ich zum Beispiel als Sammlung gekauft oder recherchiert habe. Bücher von Shakespeare besitze ich allerdings. Ich liebe zwar das Lesen, habe im Moment aber kaum Zeit dafür. Mangas lese ich aber noch viele. Zur Marktforschung (lol). Ich mag es darüber zu grübeln, was für Werke sich gut verkaufen würden und wieso sich ein bestimmtes Werk so gut verkauft.

Sie untersuchen und analysieren den Markt also.
Makiro:
Genau.

Wie gefällt Ihnen Deutschland? Bitte erzählen Sie uns von Ihren Eindrücken.
Makiro:
Ich möchte hier wohnen! (lol)
Nachiyan: Ich denke ernsthaft über einen Umzug nach. (lol)

Was mögen Sie denn an Deutschland am liebsten?
Makiro:
Die Deutschen sind freundlich und gewissenhaft. Das es so ein tolles Land ist, hätte ich nicht gedacht. Da bekommt man ein gutes Bild von Europa.
Nachiyan: Außerdem ist das Stadtbild schön und das Essen ist lecker!

suu-morishita-02Was war das leckerste, das Sie gegessen haben?
Makiro:
Die Maultaschen und die Gemüsesuppe von gestern waren sehr lecker.
Nachiyan: Die Würste waren sehr lecker! Außerdem mag ich das deutsche Brot viel lieber als japanisches Brot. Japanisches Brot ist irgendwie sehr weich und süßlich.
Makiro: In Deutschland ist es auch günstiger und es gibt viel mehr Bio-Produkte als in Japan.
Nachiyan: Ja, das ist echt toll. Außerdem hat es mir das harte Wasser angetan. Wenn ich zurück in Japan bin, werde ich mehr hartes Wasser trinken (lol).

Ziehen Sie unbedingt nach Deutschland (lol).
Nachiyan:
Ich denke wirklich darüber nach (lol).
Makiro: (lol)

Haben Sie zum Abschluss noch eine Nachricht an Ihre deutschen Leser?
Makiro:
Daily Butterfly und Short Cake Cake sind ziemlich verschieden, findet ihr nicht auch? Deshalb hoffe ich, dass ihr da gut hinterherkommt. Besonders wird Short Cake Cakes Rätsel erst am Ende gelüftet und ... es wäre zumindest schön, wenn ihr am Ende dahinterkommt, dass es »so ein Werk« gewesen ist.
Nachiyan: Bitte lest es aufmerksam (lol).
Makiro: Und hört bitte nicht zwischendrin auf (lol).
Nachiyan: Es wäre schön, wenn ihr euch am Ende denkt, dass es sich gelohnt hat, durchgehalten zu haben!
Makiro: Wenn ihr es durchgelesen habt und es nochmal von vorne lest, werden euch bestimmt viele Sachen auffallen! Hoffe ich zumindest. Da Deutsche ein ähnliches Empfinden wie Japaner haben, wäre es schön, wenn ihr es auch seht.
Nachiyan: Ja, das wäre schön.

HIBI CHOCHO © 2012 by Suu Morishita / SHUEISHA Inc. SHORT CAKE CAKE © 2015 by Suu Morishita / SHUEISHA Inc.